KIRGISTAN – Über Nomaden und Jurten

Bevor Kirgistan sowjetisch wurde und die Menschen zu sesshaften Bauern, Fabrikarbeitern und Arbeiter im Bergbau gemacht wurden, zogen sie als Nomaden durch die endlosen Weiten Zentralasiens. Am Rücken ihrer Pferde begleitet von gewaltigen Schaf- und Ziegenherden, stets auf der Suche nach den besten Weidegründen. Auch Adler gehörten zu ihrem Alltag – schon als Jungvögel wurde begonnen sie für die Jagd abzurichten. Die Legende besagt, dass die Kirgisen von 40 nomadischen Völkern abstammen. Denn Kyrk bedeutet vierzig.

Jurte kommt vom türkischen Wort für Heim. Und das ist es auch was die Jurte früher war – das ganzjährige Heim für die Nomaden. Man mag es kaum glauben, aber sowohl in den heißen Sommer als auch in den eisigen Wintern wird das Raumklima als angenehm beschrieben. Heute gibt es zwar nur noch wenige Menschen die ganzjährig nomadisch leben, aber dass vom Frühjahr bis zum Herbst in Jurten auf den Sommerweiden mit dem Vieh gelebt wird, ist auch heute noch weit verbreitet.

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Die Bauteiler einer Jurte

Zwei bis drei Personen können eine Jurte in einer Stunde aufbauen, der Abbau dauert jedoch doppelt so lange. Der Weltrekord liegt bei 17 Minuten und wurde 2014 bei den World Nomad Games aufgestellt. Bei einem Gesamtgewicht von 400 Kilo braucht es zwei Pferde für den Transport – oder einen Klein-LKW, wie heute üblicher.

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Der Aufbau einer Jurte

Ein Jurtenbaumeister braucht für den Bau einer Jurte 25 Tage und das Fell von 25 Schafen für die Außenhülle. Dafür hält sie dann auch 25 Jahre -mindestens. Da sie mittlerweile im Winter eingelagert werden und nicht mehr Schneestürmen und der Schneeschmelze trotzen müssen, sicher noch weit länger.

Die beliebtesten und am weitest verbreiteten Jurten haben einen Durchmesser von 6 Metern und damit eine Grundfläche von 28m² bei einer Höhe von 3 Metern. Det Tunduk – also das Belichtungsfenster und Rauchfang – hat einen Durchmesser von 2 Metern.

Rechts vom Eingang befindet sich der den Frauen vorbehaltene Teil in dem auch die Kochutensilien gelagert werden, die Töpfe und Pfannen und der Herd. Links vom Eingang der Teil der Männer mit den Jagdutensilien – Pfeil und Bogen, Jagdmesser und heute wohl die Gewehre finden dort ihren Platz. Dem Eingang genau gegenüber ist der Platz für die Ehrengäste bzw. die Ranghöchsten. Die Wände sind mit in Rot gehaltenen Filzteppichen mit Ornamenten verkleidet und lassen den kleinen Raum prachtvoll erscheinen. Die Lichtstimmung in einer Jurte ist  mystisch. Je nachdem wie viel Licht durch den Tunduk gelasssen wird, ist es taghell oder nur ein schmaler Lichtstreifen in dem der Staub tanzt durchzieht die Dunkelheit.

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Auch heute findet sich traditionell Nomadisches im Alltag wieder. So ist es  üblich, dass männlichen Babys wenn sie in der Krippe liegen ein ausgehöhlter Knochen angelegt wird. Dieser ist mit einer Flasche unter der Krippe verbunden, in der der Urin des Kindes gesammelt wird. Eine schlaue, Jahrhunderte – vielleicht schon Jahrtausende alte – Alternative zu Windeln. Ob es für weibliche Babys ähnliche Konstruktionen gibt, konnte ich leider nicht herausfinden.

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In Kirgistan freuen sich Jurten auch heute großer Beliebtheit – als Verkaufsstand für Räucherfisch an Autobahnraststätten, als Restaurant, als Speisesaal, als Bar am Issyk Kul und als Quartier für Urlauber. So kann jeder in den Genuß einer Nacht in einer Jurte kommen.

Quelle der Graphiken (Bauteile und Aufbau einer Jurte) und Informationen: free tourist guidebook; Kyrgyz Concept Publishing

Wer an atemberaubenden Fotos von Nomaden, der Jagd mit Adlern und Jurten interessiert ist – der britische Fotograph Timothy Allen (www.humanplanet.com/timothyallen) hat mongolische Nomaden im Altai Gebirge auf ihren Wanderungen begleitet und ihren Alltag, die Jagd und Feste eindrucksvoll festgehalten.

4 Gedanken zu “KIRGISTAN – Über Nomaden und Jurten

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