Die kleine Stadt Hội An, gelegen zwischen Meer, Fluss und Reisfeldern in Zentralvietnam, war einst der größte Hafen Südostasiens. Da China und Japan sich im 15. Jahrhundert mit Handelsembargos belegt hatten und ihre Märkte nach außen abschotteten, war ein direkter Handel nicht möglich. Aber hier in Hội An, auf neutralem Boden, konnten sie miteinander Geschäften machen. Und auch die Franzosen, Holländer, Portugiesen und Inder mischten mit. Übersetzt heißt Hội An ruhige Gemeinschaft oder friedvoller Versammlungsort und das passt bei dieser Ansammlung an verschiedenen Nationalitäten und Kulturen doch ganz gut. Darüber hinaus war der Hafen von Hội An auch Teil der Seidenstraße, jener Handelsroute die einst das Mittelmeer mit Zentralasien und Ostasien verband.

Chùa Cầu, die Japanische Brücke, in Hội An
Das das Hafenbecken nicht sonderlich tief war, die Schiffe mit der Zeit aber immer größer wurden und mehr Tiefgang hatten, verlor Hội An immer mehr an Bedeutung.
Zurück blieben die Häuser der einstigen Handelsmächte, Tempel und prachtvolle Bauten im Stil der Herkunftsländer. Sie ergeben ein so stimmiges Ensemble, dass die UNESCO die Altstadt zum Weltkulturerbe erklärt hat.
Die Bedeutungslosigkeit hat Hội An auch davor bewahrt im 20. Jahrhundert zum Kriegsschauplatz zu werden. Und so überstand die Altstadt die Jahrzehnte der kriegerischen Auseinandersetzungen völlig unbeschadet.
Heute ist Hội An wieder eine der bedeutendsten Städte Vietnams – zumindest tourismustechnisch.

Die Altstadt von Hội An
Ein bisschen wurde es zu Disneyland: die Altstadt ist Fußgängerzone, es wird Eintritt verlangt oder zumindest darum gebeten – für den Erhalt der denkmalgeschützten Häuser. Souvenirläden, Schneider, Taschner, Kunstgalerien, Cafes und Restaurants wechseln sich ab. Alles was das Touristenherz begehrt.
Gegen einen kleinen Obolus darf man die noch bewohnten Häuser von Innen anschauen. Häuser, so wie Boote, haben hier Augen – und gelten als vollwertiges Familien- bzw. Crewmitglied.
Wer sich das mit den Lampions ausgedacht hat, ist ein wahres Genie. Die Gassen und Geschäfte werden nach Einbruch der Dunkelheit von bunten Seidenlampions erleuchet, und der Schein der Lampen taucht alles in ein warmes, heimeliges Licht und verbreitet eine ganz eigene Stimmung und Ruhe.
Am Fluss, der durch Hội An fließt, kann man Bootsfahrten in einer Zille mit Lampionsbeleuchtung machen oder eine Kerze in einer papierenen Lotusblüte schwimmen lassen. Das würde Herzenswünsche erfüllen, heißt es.

Ein Ahnenschrein
Hội An ist auch berühmt für sein Cao lầu, dicke Nudeln mit Kräutern die nur um Hội An wachsen, Schweinefleisch, Schweineschwarte und einer Sauce, die keine Suppe sein will. Die Legende besagt, dass nur drei Familien das Rezept für die Cao lầu-Nudeln kennen und der spezielle Geschmack vom hiesigen Brunnenwasser, in dem sie gekocht werden, stammt.

Cao lầu
Ich schlafe in Hội An in einem Homestay, also quasi einer Pension mit einer Schneiderwerkstatt im Erdgeschoss. Wobei der Familienanschluss hier wesentlich mehr ist, als in österreichischen Pensionen üblich. Was auch daran liegt, dass die Familie auf einer Matratze hinter einem hohen Kasten in der Werkstatt schläft, die Omi des Hauses auf einer neben der Rezeption. Egal wohin man will – man muss durch den Privatbereich der Gastgeber.
Die faltige Omi, die kein Wort Englisch spricht, aber strahlt wie die Sonne, kümmert sich um die Gäste, flößt einem ständig Tee ein, macht zum Frühstück außergewöhnlich gute Banana Pancakes und schnippelt exotische Früchte klein um sie den Gästen zu kredenzen. Und eine aufgeschnittene Frucht schmeckt immer um so vieles besser als eine ganze. Der Junior sieht die ganze Zeit am Großbildfernseher über YouTube Leuten beim Computerspielen zu. Die Mutter, die einzige die Englisch spricht, geht in der Stadt einer Arbeit nach und wird angerufen wenn es um komplexere Fragen geht und Google Translate an seine Grenzen stößt. Der Vater betreibt die Schneiderei und näht mit mehreren Mitarbeitern für die Geschäfte in der Altstadt und die Gäste des Homestays. Viel los also. Nebenbei vermitteln sie Ausflüge ins Umland, Bustickets und verleihen Mopeds. Ich mag diese Art der Unterkunft sehr. Und auch dem Charme von Hội An konnte ich mich wie so viele nicht entziehen.

Lampions in Hội An